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Redaktion

    FACHZEITSCHRIFT DER SCHORNSTEIN

Pressedatenbank(Sie befinden sich im Archiv unserer Zeitschrift)

Ausgabe: 48 , Kategorie: Schornsteinfeger ( ARCHIV Ausgabe 48 - 2/2003 )

Designstudie Kamin

"KMH*: „Die im Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums angedachte Reduzierung der Vollhandwerke um zwei Drittel wäre kontraproduktiv für den Standort und wird keine neuen Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen. Bundesregierung betreibt Augenwischerei.“ Dass Deutschland mit 9,3 Prozent im EU-Vergleich (12,3 Prozent) eine relativ niedrige Selbstständigenquote aufweist, sagt über die Qualität der Unternehmen und die bereitgestellten Arbeitsplätze nichts aus. Deutlich wird dies, wenn man analysiert, welche Länder in der EU die höchsten Selbstständigenquoten aufweisen. Mit fast 30 Prozent führt Griechenland, gefolgt von Italien, Portugal und Spanien. Ursächlich für die Höhe der Quoten in den südeuropäischen Ländern ist das Fehlen von Industriearbeitsplätzen, die hohe Quote ist ein Indikator für einen niedrigeren wirtschaftlichen Entwicklungsgrad. Fazit: Die wahre Ursache für die niedrige Selbstständigenquote in Deutschland ist der im EU-Vergleich weit überdurchschnittliche Anteil von Erwerbstätigen in der Industrie. Dieser Fakt belegt nicht eine spezifische Schwäche, vielmehr dokumentiert er die Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie. Wenn letztere schwächelt, kann das Handwerk mit seiner Organisationsstruktur nicht schuld sein. Aber genau dies geschieht zurzeit in Deutschland. Politische Gallionsfiguren – also so genannte neudeutsche Superminister, wollen die im europäi­schen Vergleich sehr fortschrittliche Handwerksordnung aufweichen, um das Heer an Arbeitslosen in die Selbst­ständigkeit zu führen. Der deutsche Meisterbrief steht für nachweislich kompetente Betriebsführung, Qualität und Nachhaltigkeit und genießt weltweiten Ruhm. Volkswirtschaftlich ist er eine wirkungsvolle Orientierungshilfe für die Nachfrage nach individuellen Produkten und Leistungen. Auch die Leistungsfähigkeit der Industrie beruht nicht zuletzt auf Vorleistungen des Handwerks, sei es als Zulieferer oder in seiner Funktion als „Ausbilder der Nation“. Dass das Handwerk ein maßgeblicher Träger der Kultur der Selbstständigkeit ist, geprägt durch eine qualifizierte Aus- und Fortbildung, von der die gesamte Volkswirtschaft profitiert, wird hier nonchalant übersehen. Die von der Bundesregierung angestrebte Erhöhung der Anzahl an Handwerksbetrieben gleicht einer Enthauptung des mittelständischen Arbeitgebers. Stellenabbau und Minibetriebe sind logische Konsequenz erbitterten Kampfes um die verbliebenen Restkunden, die noch legal Unternehmen beschäftigen können. (Beamte und Politiker) Schwarzarbeit nimmt zu. Zusätzlich müssen aber noch die aus den letzten Handwerksbetrieben entlassenen Arbeitskräfte auch noch in die Selbständigkeit folgen, sonst wären statistisch ja nur Arbeitsplätze vernichtet worden. Vielleicht sollte die Politik über den ältesten Grundsatz des Kapitalismus nachdenken: Vor dem Gewinn kommt die Investition. Man kann eine Kuh nicht schlachten, bevor man sie aufzog und fütterte. Die Massenpilgerung in die Selbstständigkeit wird aber nachhaltig zusätzliche Ausbildungsplätze vernichten: Für den Frisörmeister bedeuten diese neuen Pläne, dass er besser mit 62 Jahren einen Lehrling ausbildet, da dieser ja schon nach der Ausbildungszeit die eigene Konkurrenz darstellt. Denn wenn eine dem Erfolg nachhastende Regierung die Meisterqualifikation abschafft, ist die Frage nach der 10-jährigen Tätigkeit auch bald obsolet. Ausnahmen zur Ausübung eines Handwerks ohne Meisterbrief Es ist ja nicht so, als würden die Kammern eine Selbstständigkeit aufgrund fehlenden Meisterbriefes verweigern, wie es in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Fakt ist: Die Deutsche Handwerksordnung ist unterteilt in eine so genannte Anlage A, in der 94 Vollhandwerke enthalten sind. In diesen Bereichen ist die Ausübung des Hand­werks nach Erlangung einer Meisterprüfung möglich. Darüber hinaus besteht die Handwerksordnung aus einer weiteren Anlage B. Dies sind 57 handwerksähnliche Gewerbe, für die man keinen Qualifikationsnachweis braucht. Die Ausübung eines Handwerkes ohne eine Meisterprüfung in einem Anlage A- Vollhandwerk ist schon immer unter folgenden Voraussetzungen möglich: 1. Ausnahmegenehmigung Eine Ausnahmegenehmigung in die Handwerksrolle mit oder ohne Auflagen (Erwerb des Meisterbriefes in einem angemessenen Zeitraum} wird erteilt, wenn der An­tragsteller die erforderlichen Kenntnisse nachweist und ein Ausnahmegrund vorliegt. In folgenden Fällen werden Ausnahmegenehmigungen u. a. er- teilt. – Beim Outsourcing eines Betriebsteils. – Besondere günstige Situation zur Existenzgründung. – Lange Wartezeiten auf Meisterprüfungskurse. – Gesundheitliche Gründe und körperliche Behinderungen. – Gelegenheit zur Betriebsübernahme. – Ausübung einer so genannten Spezialtätigkeit, d. h. eines gewissen Teils eines kompletten Berufs eines Handwerks. – Fortgeschrittenes Alter (spätestens ab 47 Jahre). – Arbeitslosigkeit. – Bei einer unzumutbaren Härte bei einer Gesamtbetrachtung sämtlicher familiären und gesundheitlichen Verhältnisse, wie z. B. gesundheitliche Beeinträchtigungen von Angehörigen. – Andere Ausnahmesituationen. Hauptgrund der Ablehnung von Ausnahmeanträgen ist der unzureichende Nachweis der erforderlichen Fachkenntnisse. In den Jahren 1996 bis 2002 wurden folgende Ausnahmegenehmigungen beantragt bzw. erteilt: (die Handwerkskammer Halle/Saale hat zur zeit ca. 13.000 Betriebe) 2. Die Ausübung eines so genannten unerheblichen handwerklichen Nebenbetrie­bes. Dies bedeutet, dass z. B. ein Fliesenlegerhändler Fliesenlegerarbeiten mit erle­digen kann unterhalb der so genannten Unerheblichkeitsgrenze. Diese Grenze ist handwerksbezogen und im Fliesenlegerhandwerk ca. 50.000,00 E Umsatz im Jahr. 3. Der, der ein Handwerk betreibt, kann nach § 5 der Handwerksordnung auch Ar­beiten in anderen Handwerken mit erledigen, wenn sich das Leistungsangebot sei­nes Handwerks technisch oder fachlich ergänzen und wirtschaftlich zusammenhän­gen. 4. Ingenieure und Hochschulingenieure bekommen eine Eintragung in die Hand­werksrolle, wenn sie über 3 Jahre in dem Handwerk Arbeiten ausgeführt oder eine Gesellenprüfung bestanden haben. Der Abschlussprüfung an einer Deutschen Hochschule gleichgestellt sind Diplome, die in einem EU-Mitgliedsstaat oder EFTA ­Staat erworben wurden. 5. Handwerkliche Arbeiten untergeordneter Art zur gebrauchsfertigen Überlassung (wie z. B. der tischlermäßige Einbau einer Küche) sind handwerksfrei. 6. Unentgeltliche Pflege Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten. 7. Handwerkliche Arbeiten während der Gewährleistungszeit. 8. Ehegatten- und Erben eines eingetragenen Handwerksbetriebes dürfen den Be­trieb mindestens 1 Jahr auch ohne entsprechende Qualifikation fortführen (Ehegat­ten- und Erbenprivileg). 9. So genannte minderhandwerkliche Tätigkeiten bedürfen keiner Eintragung in die Handwerksrolle, wie z. B. Reinigung nach Hausfrauenart, Restaurationen an Grab­malen, Einbau einfacher Rollläden, Einbau von Autoglasdächern. In diesem Zusam­menhang bleibt festzuhalten, dass alle Tätigkeiten, die man in einem überschauba­ren Zeitpunkt von ca. 3 bis 6 Monaten erlangen kann, nicht dem Vorbehaltsbereich des Handwerks unterliegen und ohne Eintragung in die Handwerksrolle ausgeübt werden können. "